Köln, 28. Oktober 2025 – Eine heute veröffentlichte Studie von FIAN Deutschland deckt gravierende Menschenrechtsverletzungen beim Agrarunternehmen Amatheon in Sambia auf. Die mehrjährige Recherche zeigt massive Probleme bei Landbesitz, Zwangsräumungen, Wasserzugang und der illegalen Beschlagnahmung von Vieh.
Der Berliner Investor Amatheon ist über 14 Tochterfirmen in der Agrarwirtschaft in Sambia, Simbabwe und Uganda aktiv. Die mit Abstand größten Investitionen tätigte das Unternehmen in Sambia. Nach eigenen Angaben hat Amatheon dort seit 2012 rund 40.000 Hektar Land erworben und gilt damit als größter deutscher Agrarinvestor auf dem afrikanischen Kontinent. Zu den Geldgebern zählt unter anderem der Berliner Unternehmer Lars Windhorst. Die Aktivitäten von Amatheon sind seit Jahren stark umstritten.
Im Jahr 2024 wurden mindestens vier Dörfer – Apex, Chiyabuka, Mambanga und Sibanda – gewaltsam geräumt. „Bei den Räumungen, an denen Mitarbeitende von Amatheon beteiligt waren, wurden zahlreiche Häuser zerstört oder in Brand gesetzt. Ganze Dorfgemeinschaften verloren innerhalb kurzer Zeit ihr Zuhause und ihre Ernten“, berichtet Jan Urhahn, Mitautor der Studie. Insgesamt waren 151 Haushalte und damit rund 760 Menschen betroffen. „Den Familien in Apex wurden keine Gerichtsbeschlüsse vorgelegt, obwohl diese die rechtliche Grundlage für jede Räumung darstellen. Niemand erhielt eine Entschädigung oder wurde auf rechtlich gesichertes Ersatzland umgesiedelt“, so Urhahn weiter. Über Recherchen im sambischen Landregister konnten lediglich 8.700 Hektar Land als in Besitz von Amatheon identifiziert werden.
Das sind weniger als ein Viertel der 38.760 Hektar, die das Unternehmen 2014 als seinen Besitz angab. „Nur 18 Farmen konnten als Eigentum von Amatheon bestätigt werden. Dennoch werden in großem Umfang Menschen von ihrem Land verdrängt“, erklärt Roman Herre, Agrarreferent bei FIAN Deutschland. „Solche Räumungen sind illegal und müssen sofort gestoppt werden. Amatheon trägt Verantwortung für die massiven Menschenrechtsverletzungen und muss die Betroffenen für Vertreibungen, Ernteausfälle und zerstörtes Eigentum entschädigen.“ Laut lokalen Quellen könnten insgesamt bis zu 11.000 Menschen in 19 Dörfern von Vertreibungen betroffen sein.
Seit dem Bau zweier Staudämme durch Amatheon sind mehrere Flüsse in der Region über weite Teile des Jahres ausgetrocknet. Für rund 5.000 Haushalte flussabwärts bedeutet dies, dass sie insbesondere während der Trockenzeit nur sehr eingeschränkten Zugang zu Wasser haben. Viele Familien mussten deshalb den Gemüseanbau entlang der Flüsse aufgeben. Eine zentrale Ernährungs- und Einkommensgrundlage ging verloren. Zudem beschlagnahmt Amatheon rechtswidrig Nutztiere, wenn diese sich auf dem vom Unternehmen beanspruchten Gelände aufhalten – häufig auf der Suche nach Wasser. In mindestens vier Gemeinden waren über 40 Haushalte betroffen. Um ihre Tiere zurückzuerhalten, müssen Bauern und Bäuerinnen 500 sambische Kwacha (etwa 17,50 Euro) pro Rind zahlen. Das entspricht fast ein Viertel des durchschnittlichen Monatseinkommens im ländlichen Sambia. Viele Familien berichten, dass sie andere Tiere verkaufen müssen, um die Gebühren aufzubringen. „Für viele Familien sind ihre Tiere eine wichtige Lebensgrundlage. Wenn sie konfisziert werden, verlieren die Menschen nicht nur ihr Einkommen, sondern auch ihre Ernährungssicherheit“, erklärt Jan Urhahn. „Diese rechtswidrigen Beschlagnahmungen müssen sofort beendet und die Betroffenen angemessen entschädigt werden.“
„Der sambische Staat ist verpflichtet, die Bevölkerung wirksam vor Menschenrechtsverletzungen durch private Unternehmen zu schützen,“ sagt Roman Herre. „Wir fordern darüber hinaus, dass die Bundesregierung ihren extraterritorialen Staatenpflichten nachkommt und mögliche Menschenrechtsverstöße durch Amatheon umfassend untersucht. Sie muss wirksame Verwaltungs-, Untersuchungs- und Rechtsprechungsmaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass deutsche Unternehmen auch im Ausland die Menschenrechte achten und für Verstöße konsequent zur Verantwortung gezogen werden.“
Die Studie „Amatheon in Sambia: Gewalt und Vertreibung bei einem deutschen Agrarinvestor“ wird von FIAN Deutschland herausgegeben und kann hier heruntergeladen werden.
Die Anhänge der Studie werden hier als Download zur Verfügung gestellt, eine englische Zusammenfassung kann hier heruntergeladen werden.
Die Autoren der Studie stehen für Interviews zur Verfügung.
Kontakte:
Roman Herre, Agrarreferent, FIAN Deutschland, Mobil: 01520 70 67 30 2, E-Mail: r.herre@fian.de
Jan Urhahn, Agrarexperte, Mobil: 0176 70 61 03 81, E-Mail: j.urhahn@posteo.de


