Gemeinsame Stellungnahme | 28. Februar 2022

Am 22. Februar 2022 gaben die Entwicklungsbanken BIO (Belgien), CDC (Vereinigtes Königreich), DEG (Deutschland) und FMO (Niederlande) bekannt, dass sie ihre verbleibenden finanziellen Beteiligungen an Plantation et Huileries du Congo (PHC), dem skandalträchtigen Unternehmen, das über 100.000 Hektar Konzessionen für Ölpalmenplantagen in der DR Kongo hält, verkauft haben. Dies schließt an den Ausstieg der französischen Entwicklungsbank Proparco im Jahr 2021 an.

Damit endet eine neunjährige Periode, in der ein Konsortium aus vielen der weltweit größten Entwicklungsbanken über 150 Millionen US-Dollar für die Unterstützung eines Unternehmens ausgaben, das seine Landkonzessionen durch Landraub in der belgischen Kolonialzeit erworben hat und sowohl vor als auch während der Investitionen der Entwicklungsbanken in schwere Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen verwickelt war. Dies ist eines der schockierendsten Beispiele für die Mitschuld der Entwicklungsbanken an der Verarmung, Enteignung und Unterdrückung lokaler Gemeinschaften im globalen Süden.

Die Banken ignorierten im Vorfeld der PHC-Finanzierung zahlreiche Warnungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und versäumten es, die durch die PHC-Sicherheit verursachten Übergriffe und die zahlreichen Beschwerden der Gemeinden gründlich zu untersuchen. Trotz direkter Appelle von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ihren Heimatländern und der DR Kongo wiesen sie Bedenken zurück und bestanden darauf, dass ihre „Investitionen“ „Entwicklung“ bringen würden. Ihr letztendlicher Rückzug aus dem Unternehmen ist keine Überraschung, da PHC keine Gewinne erzielte und keine Verbesserung der Praktiken erkennen ließ.

Tatsächlich haben die von den PHC-Aktivitäten betroffenen Gemeinden in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme von Einschüchterung, Belästigung und Gewalt wahrgenommen (eine ausführliche Beschreibung der Vorfälle finden Sie hier und Informationen über die Verhaftung von insgesamt mehr als 15 Personen und die Tötung von zwei Dorfbewohnern durch PHC-Sicherheitskräfte Anfang 2021 hier und hier; neuere Mitteilungen über Gewaltvorfälle finden Sie auf der Website www.farmlandgrab.org).

Ein unternehmerisches Chaos

Die Entwicklungsbanken tragen eine große Verantwortung für dieses Chaos. Jahrelang besaßen sie die Mehrheit an dem Unternehmen, waren in dessen Vorstand vertreten und hielten fast alle ausstehenden Schulden des Unternehmens. Dennoch ist es ihnen in dieser Zeit nicht gelungen, die Praktiken von PHC an die Standards anzupassen oder die Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen zu stoppen. Fälle von schweren Menschenrechtsverletzungen, Arbeitsrechtsverletzungen, Umweltverbrechen und sogar Tötungen wurden nicht ordnungsgemäß untersucht, was bis heute dazu führt, dass keine Strafen verhängt wurden. Vor allem aber haben sie nichts unternommen, um die Landprobleme zu lösen, die den Kern der Spannungen zwischen dem Unternehmen und den Gemeinden darstellen. Stattdessen verschlimmerten sie das Problem, indem sie, ohne das Wissen der lokalen Gemeinden und unter Verstoß gegen das nationale Recht, die ausgelaufenen Konzessionen in mehrere Landtitel aufteilten, um diese als Sicherheit für ihre Kredite zu nutzen.

Im Jahr 2020 überwachten die Entwicklungsbanken einen Umstrukturierungsprozess, bei dem der frühere Eigentümer von PHC, das kanadische Unternehmen Feronia Inc, Insolvenz anmeldete und PHC im Prinzip an die Private-Equity-Gesellschaft Kuramo Capital verschenkt wurde. Die Entwicklungsbanken erließen 80 Prozent der Schulden von PHC und schrieben alle ihre Anteile an Feronia ab. Am 22. Februar 2022 wurden die letzten Reste ihrer Schuldenanteile für eine nicht genannte Summe an Maku Holdings, eine Tochtergesellschaft von Kuramo Capital, verkauft.

Der Umstrukturierungsprozess begann kurz nachdem der Internationale Beschwerdemechanismus (ICM) von DEG, FMO und Proparco eine Beschwerde von elf Gemeinden offiziell angenommen hatte, um ein Mediationsverfahren zur Lösung der historischen Landkonflikte einzuleiten. Die Gemeinden erwarteten, dass durch die Mediation ihre Rechte auf das Land endlich anerkannt würden und dass sie auf dieser Grundlage eine neue Vereinbarung mit dem Unternehmen treffen könnten, die auch Entschädigungen für den entstandenen Schaden enthalten sollte. Ihre Erwartungen basierten auf der Annahme, die Entwicklungsbanken haben die Kontrolle über PHC und dass diese Banken den Auftrag hätten, die Interessen der lokalen Gemeinschaften zu schützen. Zudem seien Sie gegenüber den gewählten Regierungen in ihren Heimatländern rechenschaftspflichtig.

Der vollständige Rückzug der europäischen Entwicklungsbanken aus PHC wird das Vertrauen der Gemeinden in den ICM-Mediationsprozess, das bereits durch eine dreijährige Verzögerung und das Versagen des ICM, die an der ersten Phase des Prozesses beteiligten Dorfbewohner*innen vor Übergriffen zu schützen, gelitten hat, weiter untergraben.

Die Verantwortung für den Prozess wird nun den neuen Eigentümern und Führungskräften des Unternehmens zugeschoben, die kein Vertrauen erwecken. Die neue Generaldirektorin von PHC, Monique Gieskes, wurde 2021 von einem Gericht in der Demokratischen Republik Kongo zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt und zur Rückzahlung von 780.000 Dollar verpflichtet, die sie einem niederländischen Bekleidungsunternehmen, das sie in der DR Kongo vertrat, gestohlen haben soll. Im vergangenen Jahr ihrer Amtszeit bei PHC sind die gewaltsamen Spannungen zwischen dem Unternehmen und den Dorfbewohner*innen weiter eskaliert. Dorfbewohner*innen, die beschuldigt wurden, Palmfrüchte des Unternehmens „gestohlen“ zu haben, wurden von der örtlichen Polizei und dem Sicherheitspersonal von PHC verhaftet, geschlagen und sogar getötet.

In der Zwischenzeit werden die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse des Unternehmens in Gerichtsverfahren in New York, Delaware, Kanada und der DR Kongo weiter angefochten. Die Seite, die zu gewinnen scheint, wird von Kuramo Capital und seinen Investoren angeführt, zu denen die Stiftungen der University of Michigan, der Washington University in St. Louis, der Northwestern University und der Kamehameha Schools gehören. Darüber hinaus sind die Bill & Melinda Gates Foundation, der South African Government Employees Pension Fund und Public Investment Corporation beteiligte Investoren.

Schäden müssen benannt werden

Es ist zwingend notwendig, dass die Regierungen, die für die Aufsicht über die Entwicklungsbanken zuständig sind, schnellstmöglich handeln, um sicherzustellen, dass die Schäden, die den Gemeinden durch Investitionen der Entwicklungsbanken in PHC und Feronia entstanden sind, behoben werden. Der Rückzug der Entwicklungsbanken, der ohne Konsultation der lokalen Gemeinschaften erfolgte, stellt einen Verstoß gegen die extraterritorialen Verpflichtungen dar, die diese Institutionen und ihre Heimatregierungen haben, um die Menschenrechte im Ausland zu schützen, zu achten und zu erfüllen. Diese Verpflichtungen werden auch in einem neuen Bericht des UN-Menschenrechtsbüros, Remedy in Development Finance, der am 23. Februar 2022 veröffentlicht wurde, klar dargelegt. Wie Michelle Bachelet, UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, erklärt: „Einfach gesagt: Wenn du zum Schaden beiträgst, solltest du auch zur Abhilfe beitragen“ („Simply put: if you contribute to harm, you should contribute to remedy”). Als ersten Schritt müssen die an der Finanzierung von Feronia und PHC beteiligten Regierungen eine gemeinsame und umfassende Untersuchung der menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer Finanzierungen vornehmen.

Das ICM könnte noch immer ein Möglichkeit bieten, einige der Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Doch dies kann nur geschehen, wenn der Prozess transparenter wird und es den Gemeinden ermöglicht wird, die Kontrolle über ihr Land zurückzuerlangen. Zudem müssen den Gemeinden ausreichende Mittel und alle Informationen zur Verfügung gestellt bekommen, die sie für eine gleichberechtigte Teilnahme am Mediationsprozess benötigen. Die europäischen Regierungen und ihre Entwicklungsbanken haben die Pflicht und die Verantwortung, dies sicherzustellen und als Parteien im Mediationsverfahren zu verbleiben, da die Beschwerde der Gemeinden die Investitionen ihrer Entwicklungsbanken in PHC und Feronia betraf. Es gibt keine Möglichkeit, die Landkonflikte angemessen zu lösen, wenn die Gemeinden im Mediationsverfahren nur den neuen Eigentümern von PHC gegenüberstehen.

Die Entwicklungsbanken haben sich zwar aus PHC zurückgezogen, aber wir sind weiterhin entschlossen, mit den Gemeinden vor Ort in ihrem jahrhundertelangen Kampf um ihr Land zusammenzuarbeiten und die Entwicklungsbanken für den von ihnen verursachten Schaden zur Verantwortung zu ziehen. Für die Gemeinden und die Umwelt muss und wird der Kampf weitergehen.

Unterzeichnet von:

Africa Europe Faith and Justice Network (AEFJN)

Alliance for Food Sovereignty in Africa (AFSA)

CCFD-Terre Solidaire – Frankreich

CIDSE

Confederation Paysanne du Congo (COPACO) – DR Congo

Corner House – UK

Eastern and Southern Africa Small Scale Farmer’s Forum (ESAFF)
Entraide et Fraternité – Belgien

FIAN Belgium

FIAN Deutschland

FOCSIV – Italien

GRAIN

Global Legal Action Network (GLAN)

Green Development Advocates (GDA) – Cameroon

Green Scenery – Sierra Leone

Justice Peace and Development Commission (JPDC) of the Symposium of Episcopal Conferences of Africa and Madagascar (SECAM)

Milieudefensie – Netherlands

Muyissi Environnement – Gabon

Oakland Institute – US

Regional Episcopal Conference of West Africa (RECOWA)

Réseau des Acteurs du Développement Durable (RADD) -Cameroon

Réseau d’information et d’appui aux ONG nationales (RIAO-RDC) – DR Congo

Rettet den Regenwald – Deutschland

Sierra Leone Network on the Right to Food (SiLNoRF)

Struggle to Economize our Future Environment (SEFE) – Cameroon

Synergie nationale des paysans et riverains du Cameroun (Synaparcam) – Cameroon

urgewald – Deutschland

Welthaus Graz – Österreich

Witness Radio – Uganda

Das Statement ist auch auf Englisch und Französisch verfügbar.

Eine deutsche Zusammenfassung des gemeinsamen Berichts zum Fall aus 2021 finden Sie hier.