MATOPIBA: Pensionskassen machen Geschäfte mit Ackerland

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Die MATOPIBA-Region im Nordosten Brasiliens erstreckt sich über die Bundesstaaten MAranhão, TOcantins, PIauí, BAhía. Sie ist Teil des Cerrado, dem zweitgrößten Ökosystems Brasiliens, nach dem Amazonas. Das Savannengebiet verfügt über ein großes und für Brasilien wichtiges Grundwasserreservoir. Die in dem Gebiet lebende Bevölkerung, unter ihnen mehr als 80 indigene Gruppierungen betreibt in der Region vor allem Viehzucht und Landwirtschaft. Doch durch die massive Ausweitung der Agrarindustrie wird die lokale Bevölkerung systematisch verdrängt und von ihrem Land vertrieben. Die Finanzialisierung von Land, also der immer stärkere Einfluss der Finanzindustrie im Bereich Agrarland, heizt diese Entwicklung stark an.

Ärztepensionen hinterlassen Soja-Wüsten

FIAN Deutschland hat durch zwei Recherchereisen 2017 und 2018 mit einer internationalen Delegation die Hintergründe der Situation vor Ort recherchiert. Im Zuge einer immer stärkeren Deregulierung und Privatisierung wird der Ausbau privater Rentensysteme hier zu Lande vorangetrieben. Pensionskassen legen verstärkt Geld in Ackerland an, um so Rendite für ihre Pensionäre zu erwirtschaften. Ein großer Akteur ist die Teachers Insurance And Annuity Association (TIAA). In der Studie legt FIAN dar, dass auch die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL), als Pflichtversicherung für Ärzt*innen in Deutschland, in einen Land-Fond von TIAA investiert. Allein in Brasilien hat dieser Fond 133.000 Hektar Land aufgekauft, um vor allem Gensoja im industriellen Stil anzubauen.

Kosten für Mensch und Umwelt

Dies führt in MATOPIBA zu illegaler Aneignung von Land durch Investor*innen. Die Vertreibung der lokalen Bevölkerung wird durch unklare Verhältnisse bezüglich der Eigentumsrechte von Land begünstigt. Oft besitzt die lokale Bevölkerung keine formellen Landtitel und bewirtschaftet auf kollektive Weise Land, welches formal dem Staat gehört (terras devolutas). Dazu kommt, dass die MATOPIBA-Region von hoher Armut und sozialer Ungleichheit geprägt ist. Die Reproduktion historisch bedingter Ungleichheiten wirkt sich vor allem auf ländliche Besitzverhältnisse aus. Marginalisierte Gruppen, wie indigene Gruppierungen sind besonders davon betroffen und werden nun zusätzlich systematisch bedroht und teilweise gewaltsam von dem ihnen verbliebenen Land vertrieben. Zudem wird durch den monokulturellen Soja-Anbau ihr Zugang zu Wasser zunehmend erschwert, sowie Böden und Wasser durch vermehrten Pestizideinsatz auf den Soja-Feldern kontaminiert. Die riesigen gerodeten Flächen wirken sich auch negativ auf den gesamten Cerrado und dessen Funktion als Grundwasserspeicher aus, denn ohne das tiefe Wurzelwerk der Savannenbäume kann Regenwasser kaum noch gespeichert werden und der Grundwasserspiegel sinkt stetig ab.

Deutsche Verantwortung

In Deutschland hat das Finanzministerium des Landes NRW die Aufsichtspflicht über die ÄVWL. Dieses sieht in der Angelegenheit aber keinen Handlungsbedarf. FIAN wird weiterhin die Einhaltung menschenrechtlicher Pflichten in dieser Region fordern und auch die aus Deutschland beteiligten Institutionen dazu anhalten sich mit den Auswirkungen ihrer Finanz- und Anlageströme auseinanderzusetzen.

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