Anfang Dezember 2022 haben wir zum ersten Mal in Guinea die Menschenrechtslage im Gebiet der Bauxitmine Sangaredi recherchiert. Deutschland trägt eine große Verantwortung für deren Auswirkungen auf die Menschenrechte der umliegenden Bevölkerung: Die Bank ING-DiBa hat der Companie des Bauxite de Guinée (CBG) 2016 den größten Einzelkredit für die Erweiterung der Mine gegeben. Die Bundesregierung hat diesen Kredit versichert. Doch vor Ort gibt es erhebliche Konflikte.

 

Gemeinsam mit Power-Shift, Rettet den Regenwald und CorA unterstützt FIAN die Betroffenen bereits seit zwei Jahren durch Advocacy-Arbeit gegenüber der Bundesregierung. Unsere Recherchen in Guinea haben gezeigt, dass das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen gravierender ist, als es uns bekannt war.

Von der Erweiterung der Sangaredi-Mine sind über 20 Dörfer betroffen. Die Mine baggert ihr Agrarland ab, rodet Wälder und zerstört ihre Wasserressourcen. Aufgrund von Bodenerschütterungen durch Sprengungen in der Mine bekommen Häuser Risse, und Wände stürzen ein. Silicium-haltiger Bauxitstaub hängt in der Luft und schädigt die Atemwege der Menschen. Er legt sich auch auf Blüten der Pflanzen und verhindert deren Bestäubung. Bäume tragen durch diese Umweltschäden weniger Früchte, und die Erträge von Getreide und Gemüsepflanzen gehen zurück. Durch die Verschmutzung der Gewässer sterben die Fische – wichtige Eiweißlieferanten der Bevölkerung.

Das Dorf Hamdallaye wurde auf ehemaliges Abbaugelände umgesiedelt. Der Boden besteht aus Geröll und ist unfruchtbar.

Ihnen wurde versprochen, wieder gutes Erdreich aufzutragen und Bäume zu pflanzen, aber die Realität sieht anders aus. Anderen Dörfern hat das Unternehmen die Ausdehnung der Mine auf ihr Agrarland und ihre Wälder angekündigt. Sie befürchten nun ebenfalls die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage.

 

Unzureichende Entschädigungen

Der Minenbetreiber CBG gehört der guineischen Regierung und einem Konsortium aus drei multinationalen Bergbaukonzernen. Das Unternehmen kümmert sich völlig unzureichend um Wiedergutmachung für seine Zerstörung der Lebensgrundlage der betroffenen Dörfer. Zwar hat es zum Ausgleich für verschmutzte Gewässer Wasserpumpen installiert. Doch das Wasser erweist sich wegen eines hohen Eisengehalts als Trinkwasser ungeeignet.

„Ein Bohrloch ersetzt keinen Fluss“, stellt eine Frau klar. „Der Fluss erfüllt für uns viel mehr Funktionen als nur die Versorgung mit Trinkwasser.“

Gezahlte Entschädigungen sind unzureichend und intransparent. Einkommen schaffende Maßnahmen wie Bäckerei, Tierzucht oder Gartenbau sind aufgrund schlechter Umsetzung gescheitert. Eine zugesagte Nahrungsmittelhilfe habe nur aus einem Sack Reis, fünf Litern Öl und einem Kilogramm Zucker pro Person bestanden.

Entgegen der gesetzlichen Bestimmung bietet CBG der örtlichen Bevölkerung so gut wie keine Arbeitsplätze an. Aufgrund der verstärkten Armut mussten Eltern ihre Kinder aus der Schule nehmen. Dazu kommentierte der Dorfvorsteher von Hamdallaye: „Auch wenn jemand verspricht, monatlich Geld zu zahlen, ist es besser Arbeit zu bekommen. Auch wenn jemand sagt, den Boden auszutauschen, ist es besser, den Boden so zu lassen wie er ist.“

Unverantwortliche Banken

Die Erweiterung der Mine wurde erst durch Kredite von internationalen Banken möglich, darunter die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC). Aufgrund der gravierenden Auswirkungen der Sangaredi-Mine auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte haben 13 Dörfer mit Unterstützung von drei NGOs 2019 eine Beschwerde bei der Ombudsstelle der IFC eingereicht. In der daraufhin begonnenen Mediation haben sich die Beteiligten bisher auf den Abstand von Sprengungen zu den Dörfern geeinigt. Nach Aussagen der Betroffenen hält sich das Unternehmen aber nicht daran.

Die deutsche ING Diba hat ihre Entscheidung für einen Kredit offensichtlich einseitig nach ihren Profitinteressen ausgerichtet. Für die Bereitstellung von 248 Millionen Euro verlangt sie innerhalb von zwölf Jahren 218 Millionen Euro Zinsen, satte 88 Prozent.

Auch wenn der guineische Staat seine menschenrechtlichen Pflichten verletzt, befreit das die deutsche Regierung nicht von ihren extraterritorialen Pflichten. Die Sicherung des Rohstoffbedarfs der deutschen Industrie war ihr augenscheinlich wichtiger als der Schutz der Menschenrechte. Mit der Ungebundenen Finanzkredit-Garantie (UFK) für die ING Diba ist die Auflage verbunden, dass 15 Prozent des abgebauten Bauxits nach Deutschland exportiert werden.

Wir fordern, dass auch in der Außenwirtschaftsförderung Menschenrechtsschutz umfassend beachtet werden muss.

Einblicke unserer Recherche im Dezember 2022:

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