FIANs Fallarbeiten zur Verletzung des Menschenrechts auf Nahrung machen immer wieder die Involvierung von deutschen Finanzunternehmen deutlich. Beispielsweise haben die Investitionen der deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, die Kredite einer deutschen Bank oder von Mikrofinanzfonds Unternehmen finanziert, die zu Landkonflikten in Paraguay, zur Vernichtung der Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung in Guinea bzw. zu Überschuldung und Landverlust in Kambodscha beitragen.

Finanzunternehmen haben menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in globalen Wertschöpfungsketten

Doch Menschenrechte kennen keine Grenzen. Das besagen auch die freiwilligen UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (2011). Sie legen für Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten fest. Unternehmen sollen Risiken für Menschenrechtsverletzungen in ihren globalen Wertschöpfungsketten ermitteln und Maßnahmen ergreifen, um diese präventiv zu vermeiden und – sollte es dennoch dazu kommen – ihre negativen Auswirkungen abschwächen und für angemessene Entschädigungen sorgen. Ausdrücklich gelten diese Pflichten auch für Finanzunternehmen, wie die UN-Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Menschenrechte zuletzt im Juli 2023 ein weiteres Mal klarstellte. Aber freiwillige Absichtserklärungen erweisen sich in den Beispielen aus FIANs Fallarbeit und vielen weiteren Fällen als wirkungslos.

Verbindliche Sorgfaltspflichten im deutschen Lieferkettengesetz, aber Freifahrtschein für den Finanzsektor

Die UN-Leitprinzipien enthalten auch Pflichten für Staaten. Sie sind dazu angehalten, durch gesetzgeberische Prozesse diese Sorgfaltspflichten für Unternehmen verbindlich zu machen. Die deutsche Bundesregierung ist dem – vor allem durch andauernden Einsatz der Zivilgesellschaft – nachgekommen. Seit Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Der Haken: gemäß der aktuellen Auslegung durch die zuständige Behörde erfasst es keine Finanzunternehmen.

FIANs Einsatz für verbindliche und umfassende Sorgfaltspflichten für Finanzunternehmen

Diese Lücke muss geschlossen werden, damit die beobachteten Menschenrechtsverletzungen in den FIAN-Fällen an ihrer Wurzel – nämlich den ermöglichenden Finanzierungen – angepackt werden können. Deshalb setzt sich FIAN für die gesetzliche Verankerung von verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Finanzunternehmen ein.

Das gilt zum einen für das EU-Wertschöpfungsgesetz. Die EU-Kommission, der EU-Rat und das EU-Parlament hatten in ihren Entwürfen nur schwache Sorgfaltspflichten für Finanzunternehmen vorgesehen. FIAN hat dies – auch im Bündnis mit weiteren NGOs – gegenüber den politischen Entscheidungsträger*innen und öffentlich deutlich kritisiert. Denn mit den damaligen Vorschlägen hätten die Menschenrechtsverletzungen in den FIAN-Fällen nicht wirksam angegangen werden können. Nachdem im Dezember 2023 menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für Finanzdienstleistungen trotz massiver Proteste überraschend vollständig gestrichen wurden, wird FIAN weiter am Thema bleiben. In voraussichtlich zwei Jahren soll die EU-Kommission den Bedarf für Sorgfaltspflichten für Finanzunternehmen erneut prüfen.

Zum anderen arbeitet FIAN daran, dass das deutsche Lieferkettengesetz auch alle Finanzdienstleistungen umfasst. Auch Finanzunternehmen müssen für Menschenrechtsverletzungen nach dem LkSG zur Rechenschaft gezogen werden können.

 

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Materialien der UN und der OECD

UN OHCHR: Business and Human Rights – Financial Sector

OECD: Responsible Business Conduct in the Financial Sector

 

FIANs Materialien zum Thema

Nachhaltigkeit und Menschenrechte im Finanzsektor stärken. Politisches Online-Fachgespräch am 05.02.2024, 12:30-14:45 Uhr (mit u.a. FIAN-Vorständin Friederike Diaby-Pentzlin, organisiert von SÜDWIND)

NGO-Stellungnahme zur weitgehenden Befreiung des Finanzsektors von Sorgfaltspflichten im EU-Lieferkettengesetz (Dezember 2023)

Pressemitteilung zum Appell der Zivilgesellschaft an die Bundesregierung: Der Finanzsektor gehört in die EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie! (Dezember 2023)

FoodFirst Nr 3/2023: Finanzsektor in Lieferketten

Pressemitteilung: NGOs kritisieren Ausklammerung von Finanzsektor aus deutschem Lieferkettengesetz (August 2023)

Policy Paper: Für eine umfassende Verpflichtung des Finanzsektors im EU-Wertschöpfungskettengesetz (Juli 2023, englisch)

FIAN’s Policy Paper on Corporate Sustainability Due Diligence for the Financial Sector  (April 2023)

Webinar: Finanzakteure in die Pflicht nehmen mit dem EU-Lieferkettengesetz (März 2023)

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